Haushaltsrede Reinhold Gall MdL

Veröffentlicht am 06.12.2010 in Fraktion

Die Rede von Reinhold Gall zum Obersulmer Gemeindehaushalt 2011. Lesen Sie mehr dazu unter neben stehendem Link.

Unter dem Begriff Biowetter verstehen wir die Auswirkungen von Hoch- und Tiefdruckgebieten auf den menschlichen Organismus und unser Wohlbefinden, und Wetterfühlige spüren die Wirkung von Hoch- und Tiefdruckgebieten noch ehe sie eintreffen. Auf unseren Haushalt übertragen bedeutet dies, wir haben leider ein Tiefdruckgebiet zu erwarten und wir fühlen schon heute dessen Auswirkungen.

Wieder fällt uns Johann Nepomuk Nestroy ein, der die Feststellung getroffen hat –die Pönizier haben das Geld erfunden, aber warum bloß so wenig? Diese Feststellung hat ihren Bestand, auch wenn sich der noch laufende Haushalt besser entwickelt hat, als es zu befürchten war und auch der Planentwurf seit seiner Einbringung schon zweimal, im wahrsten Sinne des Wortes nachgebessert werden musste. Dies mag ein Licht am Ende des Tunnels sein, aber wir wissen, dass der Weg dorthin noch ein ganzes stückweit weg ist.

Wovon wir auszugehen haben, sind niedrigere Schlüsselzuweisungen, niedrigerer Anteil an der Einkommensteuer, dafür erhöhte Kreisumlage. Das einzige was sich nicht verändert hat, ist die Absicht der Schuldensenkung, wofür wir immerhin wiederum 450.000 Euro vorsehen.
Den Einnahmeansatz, von rund 3,0 Millionen bei der Gewerbesteuereinnahme halten wir für richtig, denn selbst wenn die wirtschaftliche Entwicklung die eingeschlagene Richtung einhält, wird dies nicht zwangsläufig mehr Geld in die Kassen spülen, denn das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschert den Kommunen zukünftig weniger Geld in der Gemeindeschatulle, da im Bereich der Gewerbesteuer die Hinzurechnung von Immobilienmieten diese mindert, wie auch viele andere Erleichterungen in den zurückliegenden Jahren in diesem Bereich .
So ist es häufig mit Steuergeschenken auf der Bundesebene und selbst Maßnahmen mit denen der Bund für sich Einnahmen generiert, führen bei den Kommunen zu Mindereinnahmen. Beispiel hierfür ist die Brennelementesteuer, die aufgrund der Abzugsmöglichkeiten bei der Körperschafts- und Gewerbesteuer bei den Kommunen mit rund 700 Millionen Euro weniger zu Buche schlagen.

3 Millionen Haushaltsansatz halten wir auch deshalb für richtig, da wir damit rechnen, dass auf die geleisteten Zahlungen in 2010 durchaus auch Rückerstattungen zu leisten sind, denn hohe Vorauszahlungen aufgrund guter Entwicklung im laufenden Jahr, müssen von der Gemeinde ja relativ hoch verzinst werden. Will heißen, ich bin einmal gespannt, ob Unternehmen diese Möglichkeit zur Geldanlage bei der Kommune genutzt haben.

Nicht unerwähnt lassen, will ich auch in diesem Jahr, das uns Land nach wie vor in die Tasche greift, nämlich durch die Vorwegentnahme aus der kommunalen Finanzausgleichsmasse, was in unserem Haushalt mit rund einer halben Million zu Buche schlägt –negativ zu Buche schlägt. Nach den bisherigen Planungen sollte dies eigentlich in diesem Haushaltsjahr das letzte Mal gewesen sein. Aber weit gefehlt: Es geht im neuen Jahr munter weiter mit den Kürzungen, sie werden einfach fortgeschrieben.

Und kaum zeigt sich -ich sagte es schon ein kleines Licht in weiter Ferne oder ein Silberstreif am Horizont, schon beginnt wieder die muntere Diskussion um Steuersenkung, in der Absicht bestimmte Wählerklientel zu befrieden und dies wie gesagt zu unserem Nachteil.

Wir sagen den Menschen, wer Steuersenkungen das Wort redet, der stellt unsere kommunale Aufgabenerledigung in Frage. Denn eine Kommune wie die unsrige hat nicht viele Möglichkeiten die eigene Einnahmesituation deutlich zu verbessern. Wenige Steuereinnahmemöglichkeiten und bei den Gebühren und Abgaben gilt es die Balance zu wahren, damit wir all unseren Bürgern eine Teilhabe und Teilnahme an den Einrichtungen wie Kinderbetreuung, Bücherei, Musikschule oder Freibad ermöglichen können.

In den letztgenannten Bereichen haben wir einen enorm hohen Aufgabenerledigungsgrad, wie auch im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Aber auch bei unseren vermeintlich freiwilligen Aufgaben, wie Sport- und Freizeiteinrichtungen, den Naherholungsangeboten und der Verkehrsinfrastruktur bieten wir unseren Einwohnern etwas womit wir Vergleiche mit vergleichbaren Kommunen nicht zu scheuen brauchen. Aber all dies hat natürlich auch seinen Preis –soll heißen muß bezahlt werden und zwar von den Bürgern selbst. Und Fakt ist auch, die Kosten hierfür werden steigen, insbesondere die im Bereich der Kinderbetreuungsangebote. Bezahlen werden wir dies nur können, wenn unsere Gesellschaft, das heißt wir alle bereit sind unseren Anteil hieran zu leisten.

Aufgrund einer immer noch nicht absehbaren ausreichenden Mittelerwirtschaftung aus dem Verwaltungshaushalt, dafür aber der absehbaren dauerhaften finanziellen Belastung aus vorgenannten Aufgaben, wie auch der Absicht investiv tätig bleiben zu wollen und gleichzeitig unsere Schulden weiter zu senken, schlägt die Verwaltung Steuererhöhungen vor.

Wir tragen dies mit, ansonsten würden wir heute eine Diskussion um Leistungskürzungen und Einschränkungen führen müssen. Ich will in Erinnerung rufen, dass, würden wir den Haushalt 2011 schon in Form der Doppik buchen, wir eine weitere Finanzlücke von rund 500.000 Euro zu diskutieren hätten.

Wofür aber geben wir Geld aus? Ich will ausdrücklich ein paar wenige unspektakuläre Bereiche einmal nennen. Straßenbeleuchtungen werden als Selbstverständlichkeit betrachtet, erfordert aber auch im Haushaltsjahr Investitionen, damit meine ich nicht Stromkosten sondern neue Beleuchtungseinrichtungen und energetische Investitionen von insgesamt rund 150.000 Euro. Wer von unseren Bürger möchte hierauf verzichten?

Für Spielgeräte und Spielplätze geben wir rund 100.000 Euro aus.
Die Schulausstattung verbessern wir mit 60.000 Euro.
Wer will dies den Kindern vorenthalten? Sanierungsmaßnahmen und Umbauten in Weiler und Eichelberg lassen wir uns 260.000 Euro kosten. Wer wäre bereit dies zu unterlassen?Ersatzbeschaffungen für Fahrzeuge und Geräte im Bereich des Bauhofes kosten 90.000 Euro. Wer würde z.B. auf die Schneeräumfahrzeuge verzichten wollen?

Bei den Unterhaltungsmaßnahmen, das heißt dem Erhalt dessen was wir schon haben, ziehen wir nach einem eher zurückhaltenden Jahr wieder an, was bedeutet rund 1,2 Millionen auszugeben –immerhin rund 25% mehr als 2010. Hierunter fallen Heizungserneuerungen und Umstellungen auf Gasbetrieb in der Hofwiesenhalle und dem Kindergarten Silbergrubenstrasse, Fenstererneuerungen für 50.000 Euro an der Grundschule Willsbach/Sülzbach oder wir setzen 100.000 Euro ein um unsere Strassen in Schuss zu halten. Auf welche dieser Maßnahmen sollte man verzichten?

Wir investieren kräftig Geld zur Schaffung neuer Betreuungseinrichtungen, tragen hiermit den gesellschaftlichen Erfordernissen Rechnung und stellen qualifiziertes Fachpersonal zur Verfügung. Ich kenne niemand der dies für überflüssig hält!

All dies geht wie gesagt aber nur, wenn wir unsere eigenen Einnahmen den Erfordernissen unserer Infrastruktur anpassen und wenn das Land seiner hieraus resultierenden Verpflichtung ebenfalls nachkommt.
Die gesetzlichen Vorgaben, wie z.B. eine Betreuungsquote von 34% bis 2013 werden wir nur erfüllen und finanziell schultern können, wenn uns das Land nicht im Stich lässt und sich finanziell beteiligt . Deshalb Herr BM fordern wir sie auf, sich im Gemeindetag aktiv einzubringen um dies einzufordern und gegebenenfalls, wie es die Kommunen in NRW getan haben, den Klageweg ins Auge zu fassen. Gegenwärtig geht der Gemeindetag von einem ungedecktem Betrag von mindestens 800 Millionen aus um den gestritten werden muss.

Es kann nicht sein, dass wir zunehmend im Stich gelassen werden. Das Land bürdet uns die Kosten der Schulsozialarbeit auf und mit der Abspeckung des Orientierungsplanes werden genau die Bereiche ausgespart, die Präventiv wären, die Fehlentwicklungen erkennen und frühzeitige Hilfe ermöglichen würden. Sprachförderung wird mit Hürden versehen und die Finanzierung erfolgt aus Mitteln der Landesstiftung, was bedeutet, sie sind befristet. Es bleibt zu befürchten, dass es auch hier wieder Abstriche geben wird und die Kommunen dann wieder gezwungen sind in die Presche zu springen oder unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Deshalb sind wir froh, dass wir das uns mögliche leisten.
Wollen wir aber den zunehmenden Problem, wie Werteverfall, mangelnde Beschulungsfähigkeiten, Defizite im Sozialisationsverhalten angemessen begegnen, muss uns klar sein, dass diese Anstrengungen nicht ausreichen werden sondern dass wir vor allem früher noch mehr tun müssen. D.h. an dem Thema Schulsozialarbeit in unseren Grundschulen werden wir nicht umhin kommen. Auch hier muss das Land seiner Pflicht nachkommen. Vernachlässigen wir diesen Bereich, werden die Probleme zunehmen und auf kommunaler Ebene nicht mehr zu lösen sein –und andere Ebenen die hierzu in der Lage wären sehe ich nicht –mit Ausnahme der Elternhäuser natürlich, wovon nicht wenige dieser Aufgabe aber auch bislang schon nicht oder unzureichend nachkommen.

Unseren Beitrag werden wir leisten, indem wir einer Steuererhöhung zustimmen.
Allerdings erwarten wir, dass wir dies in der gesamten Breite unserer Möglichkeiten tun, denn von einer guten Infrastruktur und guten und ausreichenden Betreuungseinrichtungen profitieren alle. Fachkräfte und deren Familien ziehen dorthin oder bleiben wohnen, wo ihre Kinder erforderlichenfalls betreut werden und eine gute Schulbildung erhalten können. Sie siedeln sich dort an und fühlen sich dort wohl, wo es Freizeit- und Kulturangebote gibt.
Aus diesem Grund sind wir der Auffassung, dass sich hieran auch die Wirtschaft beteiligen muss. Das heißt: Lasten werden auf alle Schultern verteilt. Deshalb beantragen wir die Grundsteuer B nicht um 40 sondern nur um 30 Punkte, d.h. auf 370 Punkte zu erhöhen und zum Ausgleich die Gewerbesteuer um 5 Punkte auf 360 Punkte.

Zum Vergleich: die Gewerbesteuer beträgt bei unseren umliegenden Gemeinden, in Lehrensteinsfeld 365, in Wüstenrot 380, in Weinsberg 385 und in Löwenstein 395 Punkte.
Mit den von uns vorgeschlagenen 360 Hebesatzpunkten bewegen wir uns in der Spanne in der sich 34 von 46 Landkreisgemeinden bewegen.

Ich will ausdrücklich sagen, dass wir dies als Signal an die Bürgerinnen und Bürger verstehen wollen, dass in einer solidarischen Gesellschaft alle ihren Beitrag zum Erhalt unseres Gemeinwesens tragen müssen.

Ich sehe auch nicht, dass wir auf die Realisierung der Aufgaben verzichten können, die wir vom Grundsatz her ja schon beschlossen haben. Als Beispiel will ich den Feuerwehrbedarfsplan nennen, denn es ist absehbar wann Ersatzbeschaffungen anstehen, auf die man nur verzichten kann, wenn die Strukturen hierfür geschaffen sind.

Die Probleme, die wir im Bereich unserer Sportstätten haben, müssen im Fokus bleiben und natürlich auch angegangen werden. Unsere Sportstättenkonzeption haben wir aus der Not heraus gemacht, was nichts anderes bedeutet, als dass Handlungsbedarf besteht. Aber die Finanzierung macht mir ernsthaft Sorge. Ich wiederhole deshalb unsere Forderung über andere Finanzierungswege, gerade angesichts des Damoklesschwertes Doppik noch einmal nachzudenken.

Ein Gemeinwesen wird auch davon geprägt, wie sicher sich die Menschen hierin fühlen. Aber Sicherheit hat nicht nur etwas mit dem zu tun, ob wir uns bedroht fühlen sondern auch mit sozialer Sicherheit
und der Einhaltung dessen wofür es Gebote, aber auch Verbote gibt. Wir nehmen wahr, dass es in unserer Gemeinde zunehmend Beschwerden über dauerhafte Missachtungen der Vorschriften des ruhenden Verkehrs gibt, was zur Folge hat, dass andere mit Beeinträchtigungen, ja Gefährdungen leben müssen.
Wir nehmen wahr, dass Auflagen und Einschränkungen, Gestattungen kaum mehr vor Ort überwacht werden. Wir nehmen wahr, dass Hinweise im Gemeindeblatt, die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen häufig keine Beachtung mehr finden, da sich niemand um deren Beachtung kümmert.

Deshalb bitten wir die anderen Fraktionen darüber nachzudenken, ob wir im kommenden Haushaltsjahr nicht die seit 2002 im Stellenplan vorhandene, aber unbesetzte Stelle des zweiten Vollzugsbeamten nun endlich besetzen wollen. Wir beantragen dies zu tun. Die Haushaltsmittel stehen in so fern zur Verfügung, als dass unsere vorgeschlagene Veränderung der Steuererhöhungen ein kleines Plus gegenüber dem Verwaltungsvorschlag erbringen würden. Da wir Verständnis dafür haben, dass diese Entscheidung jetzt nicht adhoc getroffen werden kann, beantragen wir selbst einen entsprechenden Sperrvermerk anzubringen, damit wir das Ansinnen, dann ausführlich im kommenden Jahr diskutieren können.

Damit bin ich dann wieder bei einem Thema, das meine Fraktion wiederholt angesprochen hat. Es betrifft die Beratungen des Haushaltes. Die bei uns seit langem praktizierte Verfahrensweise, dass nach der Einbringung, dann anschließend nach den Haushaltsreden die Verabschiedung im GR stattfindet. Das heißt eine inhaltliche Auseinandersetzung, auch zwischen den Fraktionen findet kaum statt und gestellte Anträge werden aus dem Stehgreif befürwortet –meist aber abgelehnt. Wir denken, es wäre mehr Transparenz und mehr Diskurs möglich. Wir sind uns sicher, dass dies auch zu mehr Interesse bei unseren Bürgerinnen und Bürgern führen würde, denn dann hätten sie zumindest die Möglichkeit aufgrund der ersten Beratung zu lesen über was diskutiert, vielleicht auch gestritten wird.

Meine Damen und Herren, auch bei klammen Kassen werden uns die Themen nicht ausgehen. Wahrscheinlich werden die Beratungen über diese Themen kontroverser geführt, als dies bei uns üblicherweise der Fall ist. Ein erstes Beispiel erleben wir ja gerade dieser Tage und wir merken, dass der Umgangston rauer wird und das Ehrenamt dann doch weniger Spaß machen kann und wie ich fürchte Sachargumente gegen Emotionen stehen.

Da uns Heiner Geißler hierbei nicht helfen wird, sollten wir es mal mit dem griechischen Philosophen Epiktet versuchen, der gesagt hat:

„Nicht die Dinge beunruhigen die Menschen, sondern ihre Meinung über die Dinge. Wenn wir also auf Schwierigkeiten stossen, in Unruhe geraden, dann wollen wir die Schuld niemals auf andere schieben, sondern nur auf uns selbst, das heißt auf unsere Meinung der Dinge.“

Die SPD-Fraktion würde sich deshalb wünschen, dass wir auch zukünftig zielorientiert und in gegenseitigem Respekt anderer Meinungen hier im Gemeinderat zusammen arbeiten können.

In diesem Sinne danken wir Ihnen für das gute Miteinander im Jahre 2010 –zum Schaden Obersulms war es jedenfalls nicht.

Ihnen für das bevorstehende Weihnachtsfest, Tage der Ruhe und Erholung. Und was das vor uns liegende Jahr anlangt, will ich den franz. Mathematiker und Philosophen Pascal zitieren, der sagte: Es gibt bereits alle guten Vorsätze, wir brauchen sie nur anzuwenden. In diesem Sinne Ihnen, namens der SPD-Fraktion für 2011 alles erdenklich Gute.