Ingo Rusts Ausscheiden aus dem Wahlkreis bedauert

Veröffentlicht am 11.11.2014 in AG 60plus

Bild: Richard Mall

 

 

 

 

 

 

 

                                         

SPD Senioren wurden mit als erste vom beabsichtigten Amtswechsel persönlich informiert / von Helmut Sauter

Die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 plus Heilbronn Stadt und Land war wieder einmal hochaktuell. Sie hatte den Landtagsabgeordneten und Staatssekretär Ingo Rust in den „Böckinger Treff“ zum Thema „aktuelle Landespolitik“ eingeladen. Doch noch aktueller war eine persönliche Entscheidung Ingo Rusts, denn just an diesem Tag war in den Tageszeitungen zu lesen, dass Ingo Rust aller Voraussicht nach aus dem Landtag ausscheidet und Beigeordneter für das Finanzwesen, also Finanzbürgermeister, der Großen Kreisstadt Esslingen wird. So stand also erst einmal im Vordergrund, dass Ingo Rust den Heilbronner SPD-Senioren diesen Wechsel erläuterte.

„Ich habe nicht nach einem neuen Job gesucht“, stellte Rust klar. Vielmehr habe er sich bereits auf den Wahlkampf für die Landtagswahl 2016 vorbereitet und damit auf eine weitere Legislaturperiode im Landtag. Doch wie bei all seinen anderen politischen Positionen sei dies auf ihn zugelaufen, und so habe er das angenommen, „was die Fügung für mich vorgesehen hat.“

Vor etwa vier Wochen habe der Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler in seiner Eigenschaft als Esslinger SPD-Stadtrat ihn angesprochen, ob er sich als Nachfolger des altershalber ausscheidenden Bürgermeisters Bertram Schiebel zur Verfügung stellen wolle.

Nach intensiven Gesprächen mit Drexler, anderen SPD-Stadträten und dem Esslinger Oberbürgermeister Dr. Jürgen Zieger, ebenfalls SPD und ehemals Finanzbürgermeister in Neckarsulm und so seit langem miteinander bekannt, habe er zugesagt und von der SPD-Gemeinderatsfraktion, die nach der Gemeindeordnung das Vorschlagsrecht für diese Beigeordnetenstelle hat, die einhellige Zustimmung und von dem Fraktionsvorsitzenden Andreas Koch den Nominierungsbescheid bekommen. Die Wahl erfolge wahrscheinlich noch im Dezember.

„Es ist für mich die richtige Aufgabe in der richtigen Stadt“, erklärte Rust. Schließlich habe er vier Jahre lang in Esslingen studiert und weitere sieben Jahre an der dortigen Hochschule gearbeitet und so die Stadt kennen und schätzen gelernt. Zum anderen sei seine Frau im nahen Rotenberg aufgewachsen, wo noch seine Schwiegereltern wohnen. Was die Aufgabe betreffe, so kehre er zum einen wieder in die für ihn reizvolle Kommunalpolitik, in der er als junger Gemeinderat in Abstatt politisch gestartet sei, zurück. Und was zum anderen das Fachgebiet angehe, so habe er sich trotz seines Ingenieurstudiums in der Politik schnell auf die Finanzen spezialisiert und habe nicht zuletzt in den letzten Jahren als Finanz- und Wirtschaftsstaatssekretär viel Erfahrung sammeln können.

Der 36 jährige Ingo Rust hat nach eigenen Angaben ein Drittel seines Lebens im Landtag zugebracht, er sei 2003 mit 24 Jahren als Zweitkandidat von Wolfgang Bebber Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Eppingen und 2011 Staatssekretär bei Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid und dessen Stellvertreter geworden.

Zu der Möglichkeit, den 59 Jahre alten Jürgen Zieger als OB der 90 000-Einwohner-Stadt zu beerben, wollte sich Rust nicht äußern.

Ingo Rust bekannte, dass es ihm schwer falle, das Unterland zu verlassen, wo er viele gute Freunde, nicht nur aus der Partei, gewonnen habe. In seinem Wohnort Abstatt sei er noch Kirchengemeinderat und seine Frau Gemeinderat. Er freue sich, dass mit seinem Zweitkandidat, dem Bad Rappenauer Oberbürgermeister Hans Heribert Blättgen, ein kompetenter Nachfolger gefunden sei. Er sei sich sicher, dass Blättgen, von Haus aus mit Haushaltspolitik sowie Bildung und Verkehr gut vertraut, sich schnell in die Landtagsarbeit einarbeiten werde. Blättgen sei natürlich auch von der Nachricht überrascht worden, habe aber nach kurzer Überlegung den Wechsel akzeptiert und sei zuversichtlich, diese zusätzliche Aufgabe mit seinem OB-Amt unter einen Hut bringen zu können. Ob der 58jährige Blättgen für die nächste Wahlperiode als Landtagskandidat antreten werde – im Falle seiner Wahl müsste er dann auf sein OB - Amt verzichten – sei noch nicht spruchreif.

Von den SPD-Senioren wurde natürlich Ingo Rusts Schritt bedauert, und er selbst meinte, es wäre schon gut, wenn sich niemand darüber freuen würde, aber Verständnis zeige. Ursula Vogelmann meinte, dass sie es sich auch nie hätte vorstellen können, dass „der immer noch junge Mann“ seine ganze aktive Laufbahn in der Landespolitik verbringen werde. Hartmut Wilhelm sprach im Hinblick auf Rusts Verlust für den Wahlkreis von einer „Verminderung der politischen Lebensqualität“, was Rust allerdings mit Hinweis auf Blättgen so nicht stehen lassen wollte.

Haushaltspolitik und Flüchtlingsproblematik

Unter diesen „persönliche Aspekten“ gerieten Rusts Berichte zur aktuellen Landespolitik etwas in den Hintergrund. Selbstverständlich ging er auf den gerade vorgelegten Doppelhaushalt für die Jahre 2015 und 2016 ein; das Volumen des Etats 2015 steigt um sechs Prozent auf 44,3 Milliarden €. Mit der fälligen Schuldenbremse werde man gut zurecht kommen.

Wenn die grün-rote Landesregierung nicht von der CDU/FDP-Vorgängerregierung eine Schuldenlast von 20 Milliarden € – bei einem Haushaltsvolumen von 40 Milliarden € – übernommen habe, hätte man nicht den Etat mit jährlich zwei Milliarden € Zinskosten als „strukturelles Defizit“ belasten müssen. Ohne weitere Schuldaufnahmen werde man aber die kaum bedienten Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen der Landesbeamten ausbauen und die überfälligen Sanierungen und Investitionen im Straßen- sowie im Hochschulbau erkennbar verstärken können.

Ingo Rust sprach auch die bekannte Position der Landes - SPD zur Schul- und Bildungspolitik an. Doch auf mehr Interesse stießen seine Ausführungen zur Flüchtlingspolitik, die durch den unerwartet starken Andrang von Flüchtlingen nicht zuletzt aus Syrien, große Brisanz gewonnen hat. Der Flüchtlingsgipfel habe ein beachtliches Maßnahmepaket auf den Weg gebracht, sagte Rust. Mit einem Sonderbauprogramm von 30 Millionen € sollen die Kommunen in die Lage versetzt werden, rasch den dringend notwendigen Wohnraum für Flüchtlinge zu beschaffen. Auch die für die Integration unbedingt notwendige Sprachförderung soll verbessert werden. Allein die Registrierung der ins Land strömenden Flüchtlinge bringe große personelle Probleme mit sich. Nach der neu eingerichteten Erstaufnahmestelle in Meßstetten seien weitere solcher Einrichtungen vonnöten. Neben dem Land und den Kommunen sei auch die Zivilgesellschaft herausgefordert, die Unterbringung, Betreuung und Integration der Flüchtlinge positiv zu begleiten.

Zu Beginn der Versammlung hatte der AG -Vorsitzende Sieghart Brenner einen kurzen Rückblick über die Veranstaltungen in diesem Jahr gegeben und die Planung für das nächste Jahr vorgestellt. Kurt Scheffler berichtete über aktuelle Anliegen und Absichten des Forums Ehrenamt, das in nächster Zeit auch mit Ehrungen und Würdigungen von verdienen Ehrenamtlichen aufwarte.